Eine kleine Weihnachtsgeschichte

Ich zog die Kinder an, wie jedes Jahr am Heiligen Abend, um mit Ihnen in den Wald zu gehen. Der Wald ist direkt an unserem Garten grenzend hinter dem Haus. Also war es nicht weit. Tim, Nora und Jonas, meine Kinder freuen sich jedes Jahr erneut auf den Spaziergang mit ihrem Vater. Denn wir suchen unseren Weihnachtsbaum im Wald selbst aus und fällen diesen für unser Weihnachtsfest. Tim der kleinste, mit seinen 4 Jahren rennt quer durch den Garten, er kann es kaum erwarten. Nora, welche mittlerweile schon 7 Jahre alt ist, läuft Tim hinterher, um auf ihn aufzupassen. Jonas ist 13 Jahre alt und für sein Alter schon sehr vernünftig. Er bleibt die ganze Zeit an meiner Seite und unterhält sich mit mir. Er glaubt nicht mehr so wie seine beiden Geschwister an den Zauber der Weihnacht.

Dennoch hat er genau so viel Spaß, wie die anderen beiden, so auch ich. Im Wald angekommen, zeigen Tim und Nora von einem Baum zum Nächsten. Sie können sich gar nicht entscheiden, welcher Baum der bessere ist. So geht das nun schon zwei gute Stunden. Jonas fängt laut an zu lachen und meint, dass sie sich langsam einen aussuchen sollen, da das Christkind bald kommen wird. Nora und Tim bleiben ganz verdattert stehen, schauen sich an und schreien zeitgleich: „Das ist der Baum, der und kein anderer!“ und zeigen dabei auf einen Baum, der rechts von ihnen steht. Jonas denkt nicht lange nach, er schnappt sich die Säge und im Handumdrehen hat er den Baum zu Boden gelegt.

Gute 1,60 Meter ist der Baum groß, sage ich. Jonas, Tim und Nora sprechen zu mir, dass ich endlich am Baum anpacken soll, dass er nach Hause kommt. Gesagt, getan. Zu viert tragen wir den Baum, durch den Wald zu unserem Garten. Mama wartet schon ungeduldig, sagt Jonas, weil er sie schon von weitem mit dem Baumständer im Garten stehen sieht. Ruckzuck ist der Baum auch schon eingestielt und wartet nur noch auf sein festliches Kleid.

Maria, meine Schwiegermutter, welche unterdessen auch schon zu uns gekommen ist, kommt in den Garten und bittet darum, dass sich die Kinder eben frisch machen und umziehen, damit sie sie mit in die Kirche nehmen kann. Karin, so heißt meine Frau, hilft Nora und Tim beim Umziehen. Maria findet den Baum wirklich schön, freut sich auch schon ihn nachher festlich geschmückt zu sehen. Karin kommt derzeit wieder mit den Kindern nach draußen und wünscht viel Spaß in der Messe. Maria schnappt sich die 3 kleinen und zieht los.

Endlich Ruhe. Zeit den Baum fertig zu schmücken und die restlichen Geschenke weitgehend vorzubereiten. Karin und ich tragen den Baum in das Wohnzimmer und richten ihn passend aus. Mitten im Zimmer steht er. Sieht echt toll aus, ein Prachtstück, wahrhaftig. In der Zeit, wo Karin in der Küche den Eierpunsch aufwärmt, hole ich vom Dachboden die Lichterketten und den ganzen Weihnachtsschmuck. Erst einmal mit meiner Frau anstoßen. Ein Weihnachtlicher Anstoß sozusagen.

Jetzt ziehen wir die Lichterketten in den Baum, sieht schon ganz gut aus. Karin beginnt damit, die Kugeln aufzuhängen, sie sind noch aus den 30er Jahren, sieht echt edel aus. Ich setze noch die Spitze oben auf. Lichterketten an. Ein wunderschöner, märchenhafter Baum steht vor uns. Mir laufen die Tränen. Einfach toll. Ein Blick zur Uhr verrät uns, dass die Kinder auch innerhalb kürzester Zeit wieder zu Hause erscheinen werden. Schnell holen wir die Geschenke heran, packen die, die noch einzupacken sind ein. Bauen die Geschenke auf, welche direkt als Blickfang dienen sollen, wie die Eisenbahn von Tim, die direkt um den Weihnachtsbaum fahren soll. Das Wohnzimmer füllt sich immer mehr. Es wird immer schöner. Nachdem wir fertig sind, mit allen Vorbereitungen, gehen wir raus und schließen die Tür ab. Gerade passend, denn vor der Tür steht Maria mit ihren Enkelkindern und klingeln.

Wir treffen uns alle in der Küche. Tim und Nora erzählen von der Messe und der Krippe, welche in der Kirche aufgestellt ist. Jetzt bereiten wir alle gemeinsam das Abendbrot zu. Tim stellt den Aufschnitt auf den Tisch, Nora stellt die Teller hin, Maria holt die Messer raus, Jonas schneidet das Brot, Karin kocht die Eier und ich mache die kleinen, leckeren Spargelröllchen. Ein gemeinsames weihnachtliches Abendbrot mit der Familie. Nichts geht darüber hinaus. Einfach schön. Ungeduldig zappeln die 3 Kinder beim Abendbrot hin und her. Sie können es nicht mehr erwarten, dass das Christkind endlich klingelt. Nachdem wir fertig mit dem Essen sind, alles wieder aufgeräumt ist, ziehen sich die Kinder in ihre Zimmer zurück und versuchen die Zeit des Wartens zu überbrücken. Meine Frau, Maria und ich besprechen, dass wir in 15 Minuten Bescherung machen. Ich gehe in das Wohnzimmer, zünde die Kerzen vom Adventskranz an und läute mit der Weihnachtsglocke. Karin und Maria kommen zu mir herüber. Karin schmiegt sich an mich.

Als erstes kommt Tim um die Ecke gerannt. Er sieht die Eisenbahn durch das Wohnzimmer fahren und stürmt direkt darauf zu und spielt damit. Schöner Anblick, die Augen von ihm strahlen im Kerzenschein. Und schon kommt Nora ins Wohnzimmer, sieht im Puppenwagen ihre neue Puppe und rennt auf sie zu. Sie spielt so schön mit der Puppe, lächelndes Kindergesicht, ein Traum. Auch Jonas ist mittlerweile zu uns gestoßen. Er schaut sich den Baum an, sagt wie schön er ist und geht zu seiner Oma, schließt sie in seine Arme und wünscht ihr frohe Weihnachten. Danach kommt er zu uns, er nimmt uns in den Arm und wünscht auch uns ein schönes Fest. Karin sagt ihm, dass er sein Geschenk auspacken soll.

Jonas geht zu einem großen Paket. Es ist durchlöchert und sein Name steht groß darauf. Irgendetwas raschelt darin, meint er. Verwundert guckt er sich das Geschenk von außen an, fängt langsam an, es zu öffnen. Erst die eine Seite, dann die andere. Etwas Knopfartiges schaut durch die Öffnung. Eine Nase, eine nasse Nase. Ein leises Bellen ertönt. Jonas reißt das Geschenk auf, und heraus schaut ein kleiner Welpe mit einer braunen Nase. Jonas nimmt ganz sprachlos den kleinen Welpen auf den Arm, setzt sich auf den Boden und fängt an zu weinen. Er kann gar nicht mehr aufhören. Mit verweinter Stimme sagt er, dass ist es, was ich mir immer gewünscht habe. Wir gehen zu ihm rüber, nehmen ihn in den Arm und können seine Augen sehen. So etwas glückliches und wahrhaft Schönes in ihm zu sehen, das gibt einem eine innere Wärme und Zufriedenheit.

Tim und Nora haben mitbekommen, was Jonas bekommen hat, lassen ihre Spielsachen stehen und gehen zu Jonas. Sie finden den Welpen total süß, sagen sie. Auch Maria kommt zu uns. Jetzt sitzen wir alle im Kreis auf dem Boden. Wie soll er denn heißen, fragt Maria. Jonas kann kaum sprechen. Es kommt nur ein ganz leises „Knopfnase“ aus ihm heraus. Tim und Nora gehen wieder zu ihren Spielsachen und spielen noch ein wenig. Ich hole für Karin mein Geschenk aus der Tasche. Eine goldene Kette mit den Gesichtern unserer 3 Kinder im Miniaturformat eingraviert. Meine Frau beginnt ebenfalls zu weinen, schließt mich fest in ihre Arme und sagt nur „Ich liebe Dich mein Schatz“. Ich umklammere sie fest und sage ihr dasselbe.

Nach einiger Zeit, schauen wir, wie die Kinder spielen. Uns fällt auf, dass Jonas nirgends zu sehen ist. Wir gehen in sein Zimmer, und sehen, wie er zusammen mit Knopfnase auf dem Bett gekuschelt liegt und tief und fest am Schlafen ist. Wir haben doch alles richtiggemacht, denke ich mir. Maria kommt zu uns um sich zu verabschieden. Sie hat sich ein Taxi bestellt, welches schon vor der Tür wartet. Sie schaut zu Jonas und musste lächeln. Nachdem Maria weg ist, geht Karin in das Wohnzimmer und bereitet Tim und Nora für das Bett vor. Als auch die beiden in ihren Träumen verschwunden sind, können wir uns endlich gemütlich auf das Sofa setzen, ein Glas Rotwein genießen und uns aneinander kuscheln. Den Kamin habe ich auch schon angemacht, für eine gemütliche Atmosphäre. Es dauerte nicht lange, dann schläft Karin in meinen Armen ein und ich bin kurz drauf auch am Schlafen. Das war ein wirklich sehr schöner Weihnachtsabend im Kreis meiner liebsten. Diesen Tag werde ich wohl nie vergessen und hoffe, dass ich noch lange davon träumen kann.

19.12.2015 – © Michael Benter